Die Schule hat angefangen! Der Unterricht hangelt sich an einem mir bekannten Lehrbuch entlang und holt nochmal lange vergessene Schemata aus dem Gedächtnis hervor. Es gibt mehrere Klassen parallel, die etwa 5 Lektionen Abstand zueinander haben. Die Zusammenstellung der Klassen ändert sich quasi wöchentlich und so drückt die Schule eine Welle nach der anderen von Lektion 1 bis zum Ende durch, mit Tests und Hausaufgaben und allem pipapo. Es wird darauf wert gelegt, dass viel gesprochen wird, und das ist für mich das Hauptziel. Die Klasse besteht aus maximal 9 Schülern, so dass jedem auch ausreichend Sprechzeit zukommt. Trotzdem fühlt es sich wie eine Freizeit-Aktivität an, es sind pro Tag zwischen 4 und 6 Schulstunden, danach bleibt noch genug Zeit für das Touristenprogramm.

Am Mittwoch (27.08.) gab es schon während der Mittagspause einen kleinen Streifzug durch Shinjuku, am Abend dann einen Abstecher nach Harajuku zur Takeshitadori (hippe Einkaufsstraße) und anschließend zur Omotesandou (noch mehr Shopping). Viel laufen, wenig Ausbeute – die Shoppinggötter waren mir nicht hold. Wenigstens habe ich ein Butterbier in Harry Potters Leaky Cauldron abgestaubt (war überraschend lecker!).

Auch am Donnerstag (28.08.) fand ich nicht so recht, wonach ich suchte (kurze Hose, paar T-Shirts, Regenklamotten für den Fuji), so blieb es bei ein paar Büchern.

Dafür hat der Freitag (29.08.) eventmäßig so richtig reingehauen. Gleich nach der Schule gings ab ins Feuerwehrmuseum. Es hatte zwar nur noch eine halbe Stunde offen, aber da dieses Museum (wie viele andere Museen!) kein Eintritt kostet habe ich trotzdem schonmal reingeschnuppert. Es ist auch ganz in der Nähe der Schule, ich werde sicher nocheinmal vorbei gehen.

Dann ging es weiter Richtung Stadt, als mir ein Strom von Menschen, jung und alt, viele mit Trikots und so einem Glänzen in den Augen über den Weg liefen. Da lauf ich doch mal mit ;) Baseball steht hier hoch im Kurs, etwa wie Fußball, und tatsächlich näherten wir uns einem Baseball Stadion. Einige schweißtreibende und peinliche Gespräche mit Händen und Füßen später war ich stolze Besitzerin eines Tickets und ab da auf der Mission, meinen Platz zu finden. Alles ist ein kleines Abenteuer, wenn man nicht lesen kann.

Das ganze Spiel war klasse. Zum Glück saß ich bei den Carps, denn die Yakult Swallows wurden ganz schön rasiert. Doch auch wenn die Swallows einen Punkt machten, wurde bei den Carps applaudiert. Und wenn die eigene Mannschaft einen Punkt machte, wurde so „richtig ausgerastet“. Für die Carps-Fans heisst „so richtig ausrasten“, dass sie mit zwei kleinen, hohlen Baseball-Schlägern aneinanderklopfen, für Swallows-Fans heisst es mit dem Schirm zu wedeln. Einstudierte Jubelchoreographien runden das ganze ab. Das an sich und das Spiel waren klasse.

Das geilste aber war die kulinarische Verpflegung. Machen wir uns nichts vor, es ist eine Sportveranstaltung, das Menü besteht aus frittierter, salziger und süßiger Fastfood-Kost und jeder Menge Bier, das wird hier allerdings richtig zelebriert. Am Eingang lagen kleine Heftchen aus, ich dachte die sind über die Mannschaften, oder das Spiel, oder Baseball, weit gefehlt! Die sind nur für das Essen xD 50 Seiten!! Die ersten 4 Seiten sind Lagepläne vom Stadion, wo man was zu kaufen bekommt und auch andere nützliche Infos (Toiletten, Eingänge und Ausgänge, Treppen usw.), soweit so gut. Dann folgen einfach 42 Seiten nur über das Essen im Stadion! Wo, was, wie teuer, von welchem Spieler empfohlen.

Die letzten 4 Seiten Runden das Heft ab, dort gibt es Infos zu den Bier-Girls die mit einem Rucksack durch die Tribüne flitzen und dafür sorgen, dass sich alle die ordentlich die Kante geben können. Die Übersicht enthält den Namen, wie lange sie schon im Stadion arbeiten, was ihre höchste Anzahl an verkauften Getränken in einem Match war, ob sie Rechts- oder Linkshänderin ist, ob rechts oder links ihre Schokoladenseite ist, in welchem Teil vom Stadion sie Bier verkauft und ihre besonderen Fähigkeiten, zusammen mit einem Bild. Ich weiss also von der lieben Miharu die mir ein eiskaltes Bier brachte mehr, als über jeden Spieler auf dem Spielfeld. Seis drum, es war ein fantastischer Abend.

Danach ging es mit den Öffis nach Hause, die packen so einen Andrang locker auch ohne Extra-Busse und Sonderfahrplan. Züge und Busse sahen danach aus so sauber aus wie immer, das Stadion hat das ein oder andere leere Hot-Tütchen abbekommen.

Ich war schon fertig im Bett, da merkte ich, wie das Haus anfing zu schwanken. Ein Erdbeben der Stärke 5.7 bei Sendai (also etwa 360km von mir entfernt) reichte bis nach Tokyo, wenn auch nur schwach. Immer wieder ein wildes Gefühl. Zum Glück blieb es bei sachtem Vor- und Zurückwiegen.


Am Samstag (30.08.) konnte ich endlich mal ausschlafen. Danach ging es von der Schule aus organisiert zum Desaster Prevention Center. Es ist zwar für Kinder gedacht aber gerade durch die einfache Sprache war es auch für uns interessant. Wir krabbelten durch einen verrauchten (vernebelten) Raum wobei geprüft wurde, ob wir uns schön geduckt hielten, etwas vor den Mund hielten, prüften ob die Türen die wir öffneten warm sind, die Türen hinter uns schlossen, uns an der Wand entlang schoben und der Notausgang-Beschilderung folgten. Die jüngesten die da durchwuselten waren etwa im Grundschulalter, tolle Sache. Dann hatten sie noch was tolles, einen Erdbebensimulator, der bis zu Stufe 7 simulieren kann. Schüttelt einen gewaltig durch ;)

Die Erdbeben-Tsunami-Katastrophe von 2011 ist oft aufgegriffen worden. Nur Fukushima wurde kein einziges Mal genannt, sehr merkwürdig…


Heute ist Sonntag (30.08.) und damit Maintenance Tag. Ich nutzte die Gelegenheit in ein Badehaus zu gehen, mich durchkneten zu lassen (Junge war das gut, und günstig), Wäsche zu Waschen, für den morgigen Test zu lernen und die nächste Woche zu planen. Ein Termin steht schon fest: am Mittwoch geht es den Fuji rauf – ich bin so aufgeregt!

Noch ein paar Fundstücke und Impressionen:

„Weird Vending Machine Corner“ – die heisst wirklich so! Es gab aber nur Tinneff
Dystopische Vibes

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