Montag und Dienstag gingen geräuscharm ins Land, viel Lernen und leckeres Essen füllten die Tage.
Dann war es soweit, Mittwoch, Mount Fuji. Ich fühlte mich so gut vorbereitet wie es nur ging:
– Busfahrt hin war gebucht, um 9:20 Uhr kam ich mit dem ersten Bus aus Tokyo am Berg an
– Busfahrt (letzter Bus nach Tokyo) zurück war ebenfalls gebucht, konnte aber storniert werden falls ich es nicht bis 17:00 Uhr wieder zur 5ten Station schaffen sollte
– alternative Busfahrt (zum nächsten Bahnhof) um 18:45 Uhr ist nicht buchbar sondern wird ‚first come, first serve‘ belegt. Sollte ich auch die verpassen würde ich in der 5ten Station auf den ersten Bus um 3:30 Uhr warten müssen, wäre aber auch kein Problem
– von den vier möglichen Wanderwegen hatte ich mir den Yoshida Trail ausgesucht, weil er am einfachsten und die Strecke am besten ausgebaut ist -> pro Tag werden etwa 4.000 Wanderer auf diesem Trail zugelassen, daher hatte ich die Vorab-Registrierung abgeschlossen
– Nach Berghütten hatte ich geschaut, die sind allerdings Monate voraus schon ausgebucht
– Die Liste der empfohlenen Items habe ich fast komplett erfüllt und brachte mit: eine Regenjacke, eine Regen-Überhose, Regenschutz für den Rucksack, kleines Handtuch, 3l Wasser/Getränke, energiereiche Snacks, Walking Sticks, Wanderschuhe (so halb, hatte eingelaufene Trekkingturnschuhe, die waren okay…), Handschuhe, Winterhandschuhe, Wintermütze, Winterjacke, lange Unterwäsche, Schal, Taschenwärmer, Taschenlampe (empfohlen wurde eine Kopflampe damit man die Hände frei hat, ich habe die normale mitgenommen, ging auch für die kurze Zeit), 100Yen-Münzen um die Toiletten der Berghütten nutzen zu dürfen (je höher, desto teurer!), Cash für alle Eventualitäten, Papierkarte vom Berg, Powerbank, Sonnencreme, Tempos, Mundschutz
Um 5:30 klingelte der Wecker, zum Glück konnte ich auf der Busfahrt hin noch ein Nickerchen machen. 2h40min sollte diese gehen, bereits nach einer halben Stunde konnte man den Fuji am Horizont ausmachen. Ab da wuchs der Berg einfach langsam an. Hier waren wir noch eine knappe Stunde entfernt:
und hier nur noch ein paar Minuten.
Was ein Brecher. Schnell noch die Registrierung für den Trail vorzeigen und mehrfach bestätigen, dass ich auch wirklich eine komplette Ausrüstung (warme Ausrüstung und separate Regenausrüstung) dabei habe … und los gehts!


Auch wenn der Weg vor mir noch einige Kilometer lang ist startet man nicht bei 0. Der Fuji hat ein zunächst sehr langsam ansteigendes Profil und ist von einer Ebene umgeben, sodass man bereits kurz nach dem Start eine fantastische Aussicht hat. Die Sonne brütet, zum Glück wurde an Sonnencreme erinnert.

Große Teile der Strecke sind „gut wanderbar“. Man muss immer aufpassen, dass man nicht auf größere Brocken tritt und umknickt, aber das bekommt man mit Aufmerksamkeit hin. Dann gibt es zwischendurch Kletterpartien, wo man auch mal die Hände aus der Tasche nehmen muss. Alles schaffbar, als ungeübten Kletterer haben mich diese Stellen richtig gefreut. Dann nach etwa 4h fing es an an den Reserven zu zehren. Die Luft wird dünner, und auch wenn es kein Showstopper ist, merkte ich wie mir leichter um die Nase wurde und ich ein wenig tipsy auf den Füßen war. Die wollten auch nicht mehr so motiviert wie noch am Anfang, und so wurden die Schritte immer kleiner. Nicht nur bei mir, das allgemeine Tempo hat stark nachgelassen. Die anfänglich große Meute wurde auch stark ausgedünnt, viele wandern nur bis zu einer gewissen Wohlfühl-Höhe und drehen dann um. Einigen bekam die Höhe gar nicht, bis hin zum Erbrechen. Zudem ist es auch windig geworden, zusammen mit den nassgeschwitzten Klamotten wurde es richtig kalt.



Um 14:13 konnte ich das Ende der Strecke mit bloßem Auge erkennen, nur noch 600m trennten mich vom Gipfel. Die Luft dünn, die Beine feddich, und so sollte es noch etwas über eine Stunde dauern, bis ich mich endlich durch das Tor schleppen konnte das das Ende des Wanderwegs beschreibt.

An der Stelle wurde mir auch klar, dass das mit dem Rückbus um 17 Uhr nichts wird, und ich stornierte das Ticket. Oben angekommen ist der Spuk nämlich nicht vorbei ;) der allerALLERhöchste Punkt liegt auf der anderen Seite des Kraters, und ich schleppe mich nicht den Berg hoch um dann kurz vor Ende umzudrehen.
Etwa 90 Minuten dauert die Runde auf dem Krater, und für mich war dies der tollste Teil der Wanderung. Wohin man auch guckt, überall einfach nur diese gigantische, erstarrte Naturgewalt von einem Vulkan. Man kommt sich vor wie eine Ameise die auf einem Schüsselrand entlangläuft.
Die Landschaft mutet surreal an, und auch das sich nähernde Gewitter UNTER der eigenen Höhe wirkt surreal. Gewitter? Nicht gut! Es war eh schon zum Frieren kalt und die Winde wurden immer heftiger. Gerade erreichte ich noch den Kengamine-Peak, die vollen 3776m, da fing es an zu hageln. Es wirkte auf mich, als wäre das Wetter auf der Seite des Yoshida Trails am schlechtesten, also beschloss ich eine Planänderung und wählte den Gotemba Trail für den Abstieg. Dieser Weg ist der schwierigste und weiteste, aber so einem Sturm habe ich nicht viel entgegenzusetzen. Den Yoshida Trail kannte ich ja nun auch schon. Ausserdem ist der Gotemba Trail nicht so frequentiert, ich spekulierte darauf, einen Platz in einer Berghütte ergattern zu können, um das schlechte Wetter auszusitzen. Zuguterletzt habe ich mit dem Gotemba Trail noch eine Rechnung offen ;P (Anderes Format – planetshg.com)
Tatsächlich war der Gotemba Trail anstrengender, gerade am Anfang musste jeder Schritt gut gewählt werden. Durch die Klüfte des Fuji rollte der Donner.
Während sich das Wetter soweit wieder gefangen hatte näherte sich ein anderes Problem: es wird dunkel. Gerademal anderthalb Stunden im etwa 4-5 stündigen Abstieg wäre die für mich schönste Lösung eine Berghütte in der ich übernachten kann. Und siehe da, die 8te Station erschien am Horizont und sie hatten einen Platz frei, gerade bevor die Nacht hereinbrach. Juhu, Halbpension mit Abendessen und Frühstück. In der beheizten Hütte merkte ich erst so richtig, wie kalt mir geworden ist. So wärmte ich mich am Spicy Curry und am Ofen auf und mümmelte mich danach ins dicke Bettzeug ein. Endlich ausruhen.


Um etwa 2-3 Uhr sind die meisten aus der Hütte aufgebrochen, um sich durch das letzte Stückchen nach oben zu kämpfen und den Sonnenaufgang vom Krater des Fuji aus zu beobachten. Ich dagegen blieb bis 5Uhr in der Koje, genoss den Sonnenaufgang von der 8ten Station aus, futterte mein Frühstück und machte mich danach auf den Weg zum Startpunkt des Trails.
Streckenweise sind Auf- und Abstieg bei den Trails getrennt, damit man nicht die ganze Zeit mit Gegenverkehr zu kämpfen hat. Der Abstieg auf dem Gotemba Trail war nach den Hütten nur noch loses Geröll. Jeder Schritt sinkt tief ein, etwa 3 h dauerte der Abstieg und sah größtenteils so aus:
Im Hintergrund hört man auch den ein oder anderen Kanonenhall. Das Militär übte, wie auch schon bei meinem letzten Besuch.
Dann war es endlich soweit, Gotemba Station, Zivilisation, buchbarer öffentlicher Nahverkehr. Geschafft. Ein heisses Bad und drei mal schwarz Nase putzen später betrachte ich das Abenteuer als abgeschlossen. Es hat irre viel Spaß gemacht so etwas zu erfahren. Während des schönen Wetters beim Aufstieg dachte ich noch, das die Gehstöcke DAS kriegsentscheidende Stück Ausrüstung gewesen wären. Nach dem Abstieg muss ich sagen, dass alles, jedes einzelne Stück im Rucksack, seinen maßgeblichen Teil beigetragen hat, Regenausrüstung genauso wie warme Ausrüstung und die Verpflegung. Lediglich den Mundschutz musste ich nicht nutzen. Er soll beim Abstieg die Staubwolken abhalten, da es aber immer wieder zwischendurch regnete war der Boden benetzt und es staubte kaum.

Der Tag danach
Am Tag danach kann ich mich -oh Wunder- kaum bewegen. Besonders beim Treppensteigen zieht es ordentlich. Zeit zum entspannen bleibt erstmal nicht, die Schule geht weiter. Nach der Schule ging ich ins Kino, Anime auf einer großen Leinwand – fanastisch! Außerdem hatten wir heute noch einen Taifun und 2 Erdbeben, es wird nicht langweilig ;P